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.Gemeinschaftlich mit Schach.Und zwar im Salon der liebenswürdigen Frau von Carayon und ihrer Tochter Victoire.Diese habe gesungen und Schach begleitet.«»Die Carayons«, nahm der Prinz das Wort.»Ich höre keinen Namen jetzt öfter als den.Meine teure Freundin Pauline hat mir schon früher von beiden Damen erzählt und neuerdings auch die Rahel.Alles vereinigt sich, mich neugierig zu machen und Anknüpfungen zu suchen, die sich, mein ich, unschwer werden finden lassen.Entsinn ich mich doch des schönen Fräuleins vom Massowschen Kinderballe her, der, nach Art aller Kinderbälle, des Vorzugs genoß, eine ganz besondre Schaustellung erwachsener und voll erblühter Schönheiten zu sein.Und wenn ich sage, ›voll erblühter‹, so sag ich noch wenig.In der Tat, an keinem Ort und zu keiner Zeit hab ich je so schöne Dreißigerinnen auftreten sehen als auf Kinderbällen.Es ist, als ob die Nähe der bewußt oder unbewußt auf Umsturz sinnenden Jugend alles, was heute noch herrscht, doppelt und dreifach anspornte, sein Übergewicht geltend zu machen, ein Übergewicht, das vielleicht morgen schon nicht mehr vorhanden ist.Aber gleichviel, meine Herren, es wird sich ein für allemal sagen lassen, daß Kinderbälle nur für Erwachsene da sind, und dieser interessanten Erscheinung in ihren Ursachen nachzugehen wäre so recht eigentlich ein Thema für unsren Gentz.Ihr philosophischer Freund Buchholtz, lieber Sander, ist mir zu solchem Spiele nicht graziös genug.Übrigens nichts für ungut; er ist Ihr Freund.«»Aber doch nicht so«, lachte Sander, »daß ich nicht jeden Augenblick bereit wäre, ihn Eurer Königlichen Hoheit zu opfern.Und wie mir bei dieser Gelegenheit gestattet sein mag hinzuzusetzen, nicht bloß aus einem allerspeziellsten, sondern auch noch aus einem ganz allgemeinen Grunde.Denn wenn die Kinderbälle, nach Ansicht und Erfahrung Eurer Königlichen Hoheit, eigentlich am besten ohne Kinder bestehen, so die Freundschaften am besten ohne Freunde.Die Surrogate bedeuten überhaupt alles im Leben und sind recht eigentlich die letzte Weisheitsessenz.«»Es muß sehr gut mit Ihnen stehn, lieber Sander«, entgegnete der Prinz, »daß Sie sich zu solchen Ungeheuerlichkeiten offen bekennen können.Mais revenons à notre belle Victoire.Sie war unter den jungen Damen, die durch lebende Bilder das Fest damals einleiteten, und stellte, wenn mich mein Gedächtnis nicht trügt, eine Hebe dar, die dem Zeus eine Schale reichte.Ja, so war es, und indem ich davon spreche, tritt mir das Bild wieder deutlich vor die Seele.Sie war kaum fünfzehn, und von jener Taille, die jeden Augenblick zu zerbrechen scheint.Aber sie zerbrechen nie.›Comme un ange‹, sagte der alte Graf Neale, der neben mir stand und mich durch eine Begeistrung langweilte, die mir einfach als eine Karikatur der meinigen erschien.Es wäre mir eine Freude, die Bekanntschaft der Damen erneuern zu können.«»Eure Königliche Hoheit würden das Fräulein Victoire nicht wiedererkennen«, sagte Schach, dem der Ton, in dem der Prinz sprach, wenig angenehm war.»Gleich nach dem Massowschen Balle wurde sie von den Blattern befallen und nur wie durch ein Wunder gerettet.Ein gewisser Reiz der Erscheinung ist ihr freilich geblieben, aber es sind immer nur Momente, wo die seltene Liebenswürdigkeit ihrer Natur einen Schönheitsschleier über sie wirft und den Zauber ihrer früheren Tage wiederherzustellen scheint.«»Also restitutio in integrum«, sagte Sander.Alles lachte.»Wenn Sie so wollen, ja«, antwortete Schach in einem spitzen Tone, während er sich ironisch gegen Sander verbeugte.Der Prinz bemerkte die Verstimmung und wollte sie kupieren.»Es hilft Ihnen nichts, lieber Schach.Sie sprechen, als ob Sie mich abschrecken wollten.Aber weit gefehlt.Ich bitte Sie, was ist Schönheit? Einer der allervagesten Begriffe.Muß ich Sie an die fünf Kategorien erinnern, die wir in erster Reihe Seiner Majestät dem Kaiser Alexander und in zweiter unsrem Freunde Bülow verdanken? Alles ist schön und nichts.Ich persönlich würde der beauté du diable jederzeit den Vorzug geben, will also sagen, einer Erscheinungsform, die sich mit der des ci-devant schönen Fräuleins von Carayon einigermaßen decken würde.«»Königliche Hoheit halten zu Gnaden«, entgegnete Nostitz, »aber es bleibt mir doch zweifelhaft, ob Königliche Hoheit die Kennzeichen der beauté du diable an Fräulein Victoire wahrnehmen würden.Das Fräulein hat einen witzig-elegischen Ton, was auf den ersten Blick als ein Widerspruch erscheint und doch keiner ist, unter allen Umständen aber als ihr charakteristischer Zug gelten kann.Meinen Sie nicht auch, Alvensleben?«Alvensleben bestätigte.Der Prinz indessen, der ein Sicheinbohren in Fragen über die Maßen liebte, fuhr, indem er sich dieser Neigung auch heute wieder hingab, immer lebhafter werdend, fort »›Elegisch‹, sagen Sie, ›witzig-elegisch‹; ich wüßte nicht, was einer beauté du diable besser anstehn könnte.Sie fassen den Begriff offenbar zu eng, meine Herren.Alles, was Ihnen dabei vorschwebt, ist nur eine Spielart der alleralltäglichsten Schönheitsform, der beauté coquette: das Näschen ein wenig mehr gestupst, der Teint ein wenig dunkler, das Temperament ein wenig rascher, die Manieren ein wenig kühner und rücksichtsloser.Aber damit erschöpfen Sie die höhere Form der beauté du diable keineswegs.Diese hat etwas Weltumfassendes, das über eine bloße Teint- und Rassenfrage weit hinausgeht.Ganz wie die katholische Kirche.Diese wie jene sind auf ein Innerliches gestellt, und das Innerliche, das in unserer Frage den Ausschlag gibt, heißt Energie, Feuer, Leidenschaft.«Nostitz und Sander lächelten und nickten.»Ja, meine Herren, ich gehe weiter und wiederhole: ›Was ist Schönheit?‹ Schönheit, bah! Es kann nicht nur auf die gewöhnlichen Schönheitsformen verzichtet werden, ihr Fehlen kann sogar einen allerdirektesten Vorzug bedeuten.In der Tat, lieber Schach, ich habe wunderbare Niederlagen und noch wunderbarere Siege gesehn.Es ist auch in der Liebe wie bei Morgarten und Sempach, die schönen Ritter werden geschlagen, und die häßlichen Bauern triumphieren.Glauben Sie mir, das Herz entscheidet, nur das Herz [ Pobierz całość w formacie PDF ]
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.Gemeinschaftlich mit Schach.Und zwar im Salon der liebenswürdigen Frau von Carayon und ihrer Tochter Victoire.Diese habe gesungen und Schach begleitet.«»Die Carayons«, nahm der Prinz das Wort.»Ich höre keinen Namen jetzt öfter als den.Meine teure Freundin Pauline hat mir schon früher von beiden Damen erzählt und neuerdings auch die Rahel.Alles vereinigt sich, mich neugierig zu machen und Anknüpfungen zu suchen, die sich, mein ich, unschwer werden finden lassen.Entsinn ich mich doch des schönen Fräuleins vom Massowschen Kinderballe her, der, nach Art aller Kinderbälle, des Vorzugs genoß, eine ganz besondre Schaustellung erwachsener und voll erblühter Schönheiten zu sein.Und wenn ich sage, ›voll erblühter‹, so sag ich noch wenig.In der Tat, an keinem Ort und zu keiner Zeit hab ich je so schöne Dreißigerinnen auftreten sehen als auf Kinderbällen.Es ist, als ob die Nähe der bewußt oder unbewußt auf Umsturz sinnenden Jugend alles, was heute noch herrscht, doppelt und dreifach anspornte, sein Übergewicht geltend zu machen, ein Übergewicht, das vielleicht morgen schon nicht mehr vorhanden ist.Aber gleichviel, meine Herren, es wird sich ein für allemal sagen lassen, daß Kinderbälle nur für Erwachsene da sind, und dieser interessanten Erscheinung in ihren Ursachen nachzugehen wäre so recht eigentlich ein Thema für unsren Gentz.Ihr philosophischer Freund Buchholtz, lieber Sander, ist mir zu solchem Spiele nicht graziös genug.Übrigens nichts für ungut; er ist Ihr Freund.«»Aber doch nicht so«, lachte Sander, »daß ich nicht jeden Augenblick bereit wäre, ihn Eurer Königlichen Hoheit zu opfern.Und wie mir bei dieser Gelegenheit gestattet sein mag hinzuzusetzen, nicht bloß aus einem allerspeziellsten, sondern auch noch aus einem ganz allgemeinen Grunde.Denn wenn die Kinderbälle, nach Ansicht und Erfahrung Eurer Königlichen Hoheit, eigentlich am besten ohne Kinder bestehen, so die Freundschaften am besten ohne Freunde.Die Surrogate bedeuten überhaupt alles im Leben und sind recht eigentlich die letzte Weisheitsessenz.«»Es muß sehr gut mit Ihnen stehn, lieber Sander«, entgegnete der Prinz, »daß Sie sich zu solchen Ungeheuerlichkeiten offen bekennen können.Mais revenons à notre belle Victoire.Sie war unter den jungen Damen, die durch lebende Bilder das Fest damals einleiteten, und stellte, wenn mich mein Gedächtnis nicht trügt, eine Hebe dar, die dem Zeus eine Schale reichte.Ja, so war es, und indem ich davon spreche, tritt mir das Bild wieder deutlich vor die Seele.Sie war kaum fünfzehn, und von jener Taille, die jeden Augenblick zu zerbrechen scheint.Aber sie zerbrechen nie.›Comme un ange‹, sagte der alte Graf Neale, der neben mir stand und mich durch eine Begeistrung langweilte, die mir einfach als eine Karikatur der meinigen erschien.Es wäre mir eine Freude, die Bekanntschaft der Damen erneuern zu können.«»Eure Königliche Hoheit würden das Fräulein Victoire nicht wiedererkennen«, sagte Schach, dem der Ton, in dem der Prinz sprach, wenig angenehm war.»Gleich nach dem Massowschen Balle wurde sie von den Blattern befallen und nur wie durch ein Wunder gerettet.Ein gewisser Reiz der Erscheinung ist ihr freilich geblieben, aber es sind immer nur Momente, wo die seltene Liebenswürdigkeit ihrer Natur einen Schönheitsschleier über sie wirft und den Zauber ihrer früheren Tage wiederherzustellen scheint.«»Also restitutio in integrum«, sagte Sander.Alles lachte.»Wenn Sie so wollen, ja«, antwortete Schach in einem spitzen Tone, während er sich ironisch gegen Sander verbeugte.Der Prinz bemerkte die Verstimmung und wollte sie kupieren.»Es hilft Ihnen nichts, lieber Schach.Sie sprechen, als ob Sie mich abschrecken wollten.Aber weit gefehlt.Ich bitte Sie, was ist Schönheit? Einer der allervagesten Begriffe.Muß ich Sie an die fünf Kategorien erinnern, die wir in erster Reihe Seiner Majestät dem Kaiser Alexander und in zweiter unsrem Freunde Bülow verdanken? Alles ist schön und nichts.Ich persönlich würde der beauté du diable jederzeit den Vorzug geben, will also sagen, einer Erscheinungsform, die sich mit der des ci-devant schönen Fräuleins von Carayon einigermaßen decken würde.«»Königliche Hoheit halten zu Gnaden«, entgegnete Nostitz, »aber es bleibt mir doch zweifelhaft, ob Königliche Hoheit die Kennzeichen der beauté du diable an Fräulein Victoire wahrnehmen würden.Das Fräulein hat einen witzig-elegischen Ton, was auf den ersten Blick als ein Widerspruch erscheint und doch keiner ist, unter allen Umständen aber als ihr charakteristischer Zug gelten kann.Meinen Sie nicht auch, Alvensleben?«Alvensleben bestätigte.Der Prinz indessen, der ein Sicheinbohren in Fragen über die Maßen liebte, fuhr, indem er sich dieser Neigung auch heute wieder hingab, immer lebhafter werdend, fort »›Elegisch‹, sagen Sie, ›witzig-elegisch‹; ich wüßte nicht, was einer beauté du diable besser anstehn könnte.Sie fassen den Begriff offenbar zu eng, meine Herren.Alles, was Ihnen dabei vorschwebt, ist nur eine Spielart der alleralltäglichsten Schönheitsform, der beauté coquette: das Näschen ein wenig mehr gestupst, der Teint ein wenig dunkler, das Temperament ein wenig rascher, die Manieren ein wenig kühner und rücksichtsloser.Aber damit erschöpfen Sie die höhere Form der beauté du diable keineswegs.Diese hat etwas Weltumfassendes, das über eine bloße Teint- und Rassenfrage weit hinausgeht.Ganz wie die katholische Kirche.Diese wie jene sind auf ein Innerliches gestellt, und das Innerliche, das in unserer Frage den Ausschlag gibt, heißt Energie, Feuer, Leidenschaft.«Nostitz und Sander lächelten und nickten.»Ja, meine Herren, ich gehe weiter und wiederhole: ›Was ist Schönheit?‹ Schönheit, bah! Es kann nicht nur auf die gewöhnlichen Schönheitsformen verzichtet werden, ihr Fehlen kann sogar einen allerdirektesten Vorzug bedeuten.In der Tat, lieber Schach, ich habe wunderbare Niederlagen und noch wunderbarere Siege gesehn.Es ist auch in der Liebe wie bei Morgarten und Sempach, die schönen Ritter werden geschlagen, und die häßlichen Bauern triumphieren.Glauben Sie mir, das Herz entscheidet, nur das Herz [ Pobierz całość w formacie PDF ]