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.Simon eilte ins Bad.Er riss den Duschvorhang zur Seite und atmete durch.In der Wanne lag noch die schmutzige Wäsche.Er durchwühlte sie und dann, zwischen seinen Jeans, fand er schließlich, wonach er gesucht hatte.Wie praktisch, dass er keine Mutter hatte, die regelmäßig seine Sachen wusch.Er schloss die Tür von innen ab und sah sich im Spiegel an.Er kannte den Jungen mit den langen, glatt geföhnten Locken, die sein Gesicht umrahmten und ihm etwas Verträumtes gaben, nicht mehr.Das war nicht er.Auf jeden Fall nicht mehr der, der er sein wollte.Simon zog eine Schere aus der Kulturtasche seiner Mutter und schnitt sich die langen Haare ab, bis sein Schädel nur noch von unregelmäßig abgesäbelten Haarbüscheln bedeckt war.Dann nahm den elektrischen Rasierer seiner Mutter und schor sich zunächst die linke und dann die rechte Schädelhälfte kahl.Sofort spürte er den kühlen Zug an seinem Kopf, bei jeder Bewegung seiner Arme nahm er einen Windhauch wahr, als hätte er dort Sensoren.Simon fuhr sich mit den Händen über den Kopf, ertastete Beulen und Unebenheiten.Seit seiner Kindheit war kein Licht mehr an den Schädel gekommen.Wie bleich seine Haut unter den Haaren war! An der rechten Schläfe hatte er eine lange Narbe, die von einem Sturz mit dem Rad herrührte, als David ihm einen Stock zwischen die Speichen gehalten hatte und er über den Lenker geflogen war.Wie gern er noch einmal über den Lenker fliegen würde, wenn David davon lebendig werden würde! Sechzehn Stiche.Das war ein Rekord, hatte der Arzt gesagt.Simon lächelte.Er wirkte jetzt hart.Viel härter.Mindestens wie achtzehn.Simon zog das Hemd aus und ließ die Muskeln spielen.Betrachtete sich von allen Seiten.Na ja.Besser, er zog das Hemd wieder an.Und seine dicke Jacke.Die ließ ihn breiter erscheinen.Er nahm sich vor, von nun an regelmäßig seine Muskeln zu trainieren.Simon kniete sich vor die Duschkabine und zog die lose Kachel heraus.Dann fischte er die Plastiktüte hervor und spähte hinein.Sie war voller kleiner Päckchen.Und voller Scheine.Scheiße, dachte er.Das waren mindestens dreitausend Euro.Noch nie in seinem Leben hatte Simon so viel Geld auf einem Haufen gesehen.Er überlegte kurz, dann nahm er die Scheine und stopfte sie in seinen Rucksack.Die Päckchen warf er ins Klo und drückte die Spülung.Die meisten schwammen noch oben und er klappte den Deckel zu.Als er gehen wollte, sah er, dass zwei der größeren Päckchen neben das Klo gefallen waren.Simon bückte sich, hob sie auf und wog sie kurz in der Hand.Da hörte er, wie die Wohnungstür aufgeschlossen wurde.Und weil sich der Spülkasten gerade erst wieder mit Wasser füllte, steckte Simon die Päckchen kurzerhand in die Tasche seiner Jacke.Er schaute auf sein Handy.In vier Minuten fuhr die nächste U-Bahn.Simon schloss die Tür auf, löschte das Licht und trat auf den Flur.Da stand Mumbala.Beide erschraken.„Scheiße, Mann! Hab gedacht, du bist eine Skinhead!“Simon schob sich schnell an Mumbala vorbei und lief auf die Straße hinaus.Die Araber hatten sich verdrückt.Wie immer um diese Uhrzeit zogen sie zur Tanke.Als er ein paar Meter gegangen war, warf Simon einen Blick über die Schulter zurück zu dem Gebäude.Er sah, wie das Licht im Bad anging, und wusste, dass sich Mumbala gleich vor die lose Kachel unter der Duschkabine knien und sein Geld und seine Drogen suchen würde.Simon meinte sogar einen Aufschrei zu hören und begann zu laufen.Er wusste, dass Mumbalas Schrei sicher nicht den abgeschnittenen Haaren galt, die er überall im Bad hatte liegen lassen.Sollten sie ruhig sehen, dass er sich verändert hatte.*Als Mumbala aus der Haustür stürzte, war Simon nicht mehr zu sehen.Er packte einen der Araber am Kragen und fragte, in welche Richtung der Junge gegangen sei.Nur zu gerne gab der kleine Araber Auskunft.Mumbala setzte zum Sprint an.Er war schnell.Die Wut trieb ihn an und die Angst, Simon könnte ihn bei den Bullen verpfeifen.Dann könnte er sich die Aufenthaltsgenehmigung abschminken, der Mumbala jetzt so nah war.In nicht einmal drei Monaten sollte seine Hochzeit mit Simons Mutter steigen.Mumbala liebte diese Frau.Er brauchte das Geld vom Dealen, um alles zu bezahlen.Den Flug nach Afrika und die Geschenke.Er wollte nicht mit leeren Händen zu seiner Familie zurückkehren.Mumbala rannte und rannte.Als er die Lichter der Linie zwei auftauchen sah, legte er noch einmal zu.Das letzte Mal, als er gerannt war, hatten sie auf ihn geschossen.Jetzt war er nur noch wenige Meter von der Straßenbahn entfernt.Nur noch über die Straße.Es wurde gehupt.Bremsen quietschten.„Blöder Bimbo!“, schimpfte ein Autofahrer.Mumbala war es egal, er schaffte es noch in den zweiten Wagen.Jemand hatte netterweise die Tür blockiert.Mumbala sprang hinein, bedankte sich und blickte sich suchend um.Hier war er nicht.Im ersten Wagen? Mumbala lief nach vorn.Auch im ersten Wagen konnte er ihn nicht entdecken.*Als Linus aus dem Untergrund kam, sah er in den Sternenhimmel.Direkt über ihm zog eine Sternschnuppe dahin.Jetzt hätte er sich etwas wünschen können.Aber Linus hatte nicht die Kraft, sich einen Wunsch zu überlegen.Er wollte sich auch nichts mehr wünschen, weil es doch sowieso nicht in Erfüllung gehen würde.Als wäre er noch immer unter Hypnose, lenkten seine Schritte ihn automatisch zu dem Haus, in dem er früher gewohnt hatte.Er kannte einen Platz, wo er schlafen konnte.Hinter dem Gewächshaus seiner Eltern gab es einen Verschlag.Sie hatten das Gewächshaus von der Gärtnerei gemietet, die sich nach dem Krieg im Hinterhof des Hauses angesiedelt hatte.Manchmal hatte sich Linus in dem Verschlag versteckt, um seinen Eltern heimlich bei der Arbeit zuzusehen.Er beobachtete, wie sie mit ihren Gerätschaften hantierten, vor dem Computerbildschirm seltsame Diagramme und Skizzen betrachteten, miteinander redeten, wie sie sich hin und wieder berührten, ja sogar küssten.Linus fiel das jetzt erst auf, dass er diese Momente als Glück empfand.Damals, als er die Eltern beobachtete, fühlte er sich gut; ja.Aber Glück? Er hätte es damals sicher nicht so genannt.Vielleicht war das mit dem Begreifen von Glück immer nur im Rückblick möglich, dachte Linus, als er in den Hinterhof ging, wo die Gewächshäuser standen.Vielleicht war das Leben wie ein langer Wanderweg, der immer wieder über Glückshügel führte, und erst wenn man sich auf einem der Hügel umsah, konnte man erkennen, wie viel Glück man eigentlich schon erlebt hatte.Die Tür des Verschlages war noch immer nur mit einem Riegel gesichert.Linus schlüpfte hinein und fand alles vor, wie er es zuletzt verlassen hatte [ Pobierz całość w formacie PDF ]
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